Vortrag Dr. Christian Manger (Tilburg University)
Zwischen Gemeinwohl und Geheimpolitik
Städtische Diplomatie im Ostseeraum 1470-1570
Streitigkeiten zwischen individuellen Bürgern, innerhansische Differenzen und »internationale« Auseinandersetzungen mit Fürsten und Konkurrenten – im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert sahen sich die Räte hansischer Städte mit einer großen Anzahl von Konflikten konfrontiert, die sie vor besondere Herausforderungen stellten. So bildete der Stadtrat zwar die wichtigste formelle Institution der städtischen Konfliktführung, wenn es um Auseinandersetzungen ging, die die Grenzen der Stadt überschritten. Zugleich stellten diese Grenzen aber auch die Endpunkte der eigenen politischen und rechtlichen Autorität dar.
Konflikte die über die Mauern der Stadt hinausreichten erforderten daher, dass Stadträte verhandelten mit Akteuren und Institutionen jenseits des eigenen Machtbereichs und, mit anderen Worten, diplomatische Beziehungen führten. Überdies besaß jeder Stadtrat verschiedene, überlappende und ambige politische Funktionen und Verantwortungen, die es zu balancieren galt: als städtische Obrigkeit, als hansischer Partner oder in der hierarchischen Beziehung zu einem Stadtherren.
Dieser Vortrag möchte einen Eindruck davon geben, wie städtische Räte diesen Herausforderungen begegneten, sowohl durch Konzepte von Gemeinwohl und Reziprozität, als auch durch Praktiken der Geheimpolitik.