Videoreihe
Memory of the World
Die Generaldirektion der UNESCO hat entschieden, bedeutende Dokumente aus der Hansezeit in das weltweite Register »Memory of the World« aufzunehmen. Insgesamt 17 Dokumente und Dokumentengruppen aus elf Archiven und Bibliotheken in sechs nordeuropäischen Ländern gehören seit 2023 zum »Gedächtnis der Welt«. Eingereicht wurde der Antrag 2017 vom Archiv der Hansestadt Lübeck (AHL).
Das Europäische Hansemuseum (EHM), das die Geschichte der Hanse museal ausstellt, vermittelt und erforscht, freut sich sehr darüber, dass sein Kernthema nun zum Welterbe gehört. Als ein wichtiges Phänomen der europäischen Wirtschaftsgeschichte hat die Hanse auch heute noch eine große Bedeutung. Ein Teil der ausgezeichneten Dokumente sind als Faksimiles im EHM ausgestellt.
Zu allen 17 Dokumenten bzw. Dokumentgruppen veröffentlichen wir auf dieser Seite kurze Videos, in denen wir erklären, warum diese Dokumente so interessant sind und warum sie im Weltdokumentenerbe gehören.
Aufzeichnungen
Programm 2024
12 Vorträge
Memory of the World
Urkunden des Brügger Kontors, 1458-1502
Zum Weltdokumentenerbe gehören auch 26 Urkunden und Dokumente des Brügger Kontors aus den Jahren 1458 bis 1502. Sie wurden bis ins 19. Jahrhundert zusammen aufbewahrt und bildeten einen Bestand, der sich unter der Rubrik »aengaende den Oosterlinghen cooplieden van der duutscher huuse« (»betreffend die Osterlinge-Kaufleute vom deutschen Haus«) in einem Inventar des 17. Jahrhunderts nachweisen lässt. Vier Urkunden sind mit dem Siegel des Kontors beglaubigt.
Mehrere Stücke in dieser Sammlung dokumentieren den langwierigen Rechtsstreit des Tommaso Portinari, dem Brügger Geschäftsführer der Medicibank, und seiner Florentiner Familie gegen die Hanse. Auslöser war die Kaperung eines Schiffs der Portinari 1473 auf dem Weg von Brügge nach England im Zuge des englisch-hansischen Krieges durch Danziger Kaperer unter der Führung von Paul Beneke. Auf dem Schiff befand sich neben anderen Luxusgütern das Altarstück “Das Jüngste Gericht” von Hans Memling, das sich noch heute in Danzig befindet.
Memory of the World
Briefe und Handlungsbücher des Kaufmanns Hildebrand Veckinchusen
Wer etwas über die Vorgänge im hanseatischen Handel des späten Mittelalters wissen will, findet keine bessere Quelle als die Sammlung der Briefe und Handlungsbücher des Lübecker Kaufmanns Hildebrand Veckinchusen. Sie zeichnen ein anschauliches Bild der Tätigkeit eines typischen hansischen Fernhändlers auf der Haupthandelsachse zwischen Flandern, Lübeck und dem Baltikum (sowie weiter nach Nowgorod). Sie belegen aber auch die vielfältigen Geschäftsbeziehungen nach Süddeutschland, Oberitalien (insbesondere Venedig), Frankreich und England (insbesondere London). Dabei sind die Kontobücher Veckinchusens, die wohl auf flandrische Vorbilder zurückgehen, die ältesten ihrer Art im Hanseraum. Als historische Quelle absolut einzigartig macht den Nachlass Veckinchusens sein enormer Umfang und das hohe Maß an Vollständigkeit. Keine andere mittelalterliche Kaufmannsüberlieferung bietet eine so vollständige und aufschlussreiche Einsicht sowohl in die Geschäftstätigkeit als auch in private Verhältnisse und Beziehungen.
Memory of the World
Russisch-Niederdeutsches Sprachlehrbuch
Das russisch-niederdeutsche Sprachlehrbuch ist einzigartig in der umfangreichen und lebendigen Weise, mit der das russische Vokabular für die Handelstätigkeit wiedergegeben wird. Es ist, sowohl für das Russische wie für das Niederdeutsche, ein äußerst seltenes historisches Schriftzeugnis alltagssprachlicher Prägung. In seinem zentralen Teil, der Phraseologie, bringt es die Atmosphäre der Kontakte zwischen Hansekaufleuten und russischsprachigen Bürgern und Händlern nahe, die sich ihrer Herkunft nach fremd sein mussten, da sie unterschiedlichen Nationen, Kirchen und Kulturen angehörten. Dies macht das Sprachlehrbuch zu einer soziolinguistischen und kulturgeschichtlichen Quelle ersten Ranges.
Memory of the World
Prunkkopiar des Brügger Kontors
Das Prunkkopiar des Brügger Kontors ist eine Pergamenthandschrift von 234 Blättern und enthält vor allem Abschriften von Privilegien, die dem Hansekontor in Brügge, Gent und Antwerpen erteilt wurden, von einer Privilegierung der Kaufleute aus dem römischen Reich hinsichtlich des Zolls zu Damme aus dem Mai 1252 durch Gräfin Margaretha von Flandern bis hin zur Verleihung eines Wappens an die deutsche Hanse zu Brügge durch Kaiser Friedrich III. am 6. September 1486.
Da der Erfolg der Hanse von der Privilegierung der ihr angeschlossenen Kaufleute bzw. Städte abhing, war der Zugang zu den einschlägigen Privilegien von essentieller Bedeutung. Da die Original-Urkunden im Verlaufe der Zeit unter zu häufigem Zugriff litten oder gar verlorengingen, schützte ihre Zusammenführung in einem Kopiar vor Beschädigung, konnte Verluste kompensieren und erleichterte schließlich die tägliche Arbeit, weil ein Buch einfacher zu benutzen ist als ein Urkundenkonvolut. Auswahl und Zusammenstellung der aufgenommenen Urkunden zeugen daher auch von den aktuellen Anforderungen und Problemen der Hanse in der Entstehungszeit. Inhaltlich bietet das Kopiar, wie kaum eine andere Quelle, in stark konzentrierter Form einen Zugang zur hansischen Geschichte Flanderns und der angrenzenden niederländischen, nordwestdeutschen und französischen Regionen und überliefert auch im Original verloren gegangene oder beschädigte Urkunden und Rechtssprüche.
Memory of the World
Hansequellen im Archiv der Hansestadt Lübeck
In diesem Video spricht Angela Huang, Leiterin der FGHO, mit Dominik Kuhn, stellvertretender Leiter des Archivs der Hansestadt Lübeck, über die meist unsichtbaren – aber sehr wichtigen – Aufgaben von Archiven. Was bedeutet es, Quellen zu schützen und zu erhalten? Was sind die idealen Bedingungen für die Aufbewahrung von Archivgut? Und wie tragen Archive dazu bei, mögliche zukünftige Skandale aufzudecken?
Natürlich reden Angela und Dominik auch über den Wert des Memory of the World-Programms für die Hanseforschung und die Gesellschaft.
Memory of the World
Privileg des Königs Erich von Norwegen 1294
Heute nehmen wir das Privileg des Königs Erich von Norwegen aus dem Jahr 1294 genauer unter die Lupe. Das durch die Urkunde dokumentierte Privileg für die Städte an der Ostsee und der Zuiderzee war mit seinen umfangreichen Bestimmungen grundlegend für die fremden Kaufleute in Bergen und ganz Norwegen und damit wegweisend für das Gästerecht. Die Bremer Urkunde ist einzigartig, weil sie nicht nur den vollständigsten Text dieses wichtigen Privilegs enthält, sondern auch die aktive Rolle des Königreichs Norwegens mit dem Bundesgenossen Bremen an seiner Seite gegenüber der Hanse dokumentiert.
Memory of the World
Protokollbücher des Handelsgerichts des Kontors Bergen, Teil 2
Im Archiv der Hansestadt Lübeck schauen wir uns die Bergener Gerichtsprotokolle genauer an: Mit welchen Fällen befasste sich das Gericht im Kontor der Bergener Hansekaufleute? Auf der Website des Archivs der Hansestadt Lübeck sind alle sechs Bände der Gerichtsprotokolle in digitalisierter Form zu finden. So können diese wichtigen Quellen aus dem UNESCO Memory of the World bequem von zu Hause aus gelesen und studiert werden!
Memory of the World
Protokollbücher des Handelsgerichts des Kontors Bergen, Teil 1
In diesem Beitrag erhalten wir spannende Einblicke aus dem Archiv der Hansestadt Lübeck. Dort werden alle Quellen aus dem ehemaligen Hanse-Kontor in Bergen aufbewahrt. In diesem Video erzählt Dominik Kuhn, der stellvertretende Leiter des Archivs, welche lange Reise die Dokumente hinter sich haben und was das für ihren jetzigen Zustand bedeutet.
Memory of the World
Tohopesate von 19 Hansestädten
Als Tohopesate werden Bündnisse zwischen Hansestädten bezeichnet, die eine Sicherung der städtischen Freiheit und handelswirtschaftlichen Interessen der beteiligten Städte insbesondere gegen fürstliche Bedrohung zum Ziel hatten. Ihren Höhepunkt erlebte diese Form interkommunaler Bündnispolitik im 15. Jahrhundert. Die Tohopesate von 1476, die inhaltlich an mehrere frühere Vereinbarungen anschloss, ist nicht zuletzt wegen der großen Teilnehmerzahl und des weiten Geltungsbereiches, der weit ins hansische Binnenland reichte, ein besonders geeignetes Beispiel für diese spezielle Form hansestädtischer Archivalien. Teilnehmer der Tohopesate waren die Städte Lübeck, Bremen, Hamburg, Rostock, Stralsund, Wismar, Lüneburg, Stade, Uelzen, Magdeburg, Braunschweig, Halle/Saale, Halberstadt, Goslar, Hildesheim, Göttingen, Stendal, Hannover und Einbeck.
Das Dokument befindet sich heute im Stadtarchiv Braunschweig.
Memory of the World
Pfundzollbücher 1368-1371
Der hansische Pfundzoll war eine Geldleistung, die hansische Kaufleute und Schiffer im Seehandel zur Deckung außergewöhnlicher Gemeinschaftsaufgaben, vor allem militärische, aufbringen mussten. Die Pfundzollerhebung von 1368/71 ist einmalig. Nie wieder würde es einen so breiten Konsens unter den Hansestädten und eine so pauschale Erhebung für den Hansehandel geben. Die drei Hanse-Pfundzollbücher, die es in das UNESCO-Weltdokumentenerbe geschafft haben, stammen aus Lübeck, Hamburg und Toruń. Die Pfundzollbücher sind durch ihre seriellen, reichhaltigen und konkreten Informationen eine einzigartige Quelle zum hansischen Handel und von kaum zu überschätzender Bedeutung für die mittelalterliche nordeuropäische Wirtschaftsgeschichte allgemein.
Memory of the World
Kontorordnung des Londoner Stalhofs, 1554
Diese Kontorordnung wurde vom Hansetag im Jahr 1554 erlassen und diente mit seinen sozialen, rechtlichen und moralischen Normen der Organisation der Tagesabläufe und Geschäfte im Stalhof, dem Kontor der Hanse in London. Nach der Schließung des Kontors 1598 wurde das Archiv des Stalhofs zwischen 1603 und 1605 in mehreren Transporten nach Lübeck gebracht. Heute wird die Kontorordnung im Stadtarchiv der Hansestadt Lübeck aufbewahrt. Eine vollständige digitalisierte Kopie ist auf der Website des Archivs zu finden.
Memory of the World
Handelsvertrag mit dem Fürsten von Nowgorod
Dieser Handelsvertrag von 1191/92 ist das erste erhaltene schriftliche Zeugnis des direkten Handels zwischen Gotländern, Niederdeutschen und Russen. Seine besondere Bedeutung liegt in der Tatsache, dass dieser Handel nicht mehr durch (mündliche) Überlieferung geregelt wurde, sondern durch eine Reihe gemeinsam vereinbarter, schriftlicher Regeln, deren Anwendung nicht auf die Kaufleute einer bestimmten Stadt beschränkt war, sondern auf die sich jeder Kaufmann aus den niederdeutschen Städten berufen konnte, der in Nowgorod auftauchte.
Der Vertrag wird im Lettischen Historischen Staatsarchiv in Riga aufbewahrt. In unserer Dauerausstellung im Europäischen Hansemuseum ist ein Faksimile eines ähnlichen Dokuments aus dem Jahr 1259 zu sehen.
Der Vertrag von 1259 ist (mit Tinte) auf Pergament in altrussischer Sprache in kyrillischen Buchstaben geschrieben. Drei vergoldete Silbersiegel sind mit Seidenschnüren an der Oberseite der Urkunde befestigt, drei Bleisiegel mit Hanfschnüren an der Unterseite. Eines der vergoldeten Siegel ist das von Dalmatius, dem Erzbischof von Nowgorod (1251-74). Die übrigen fünf Siegel sind nicht identifiziert.
Programm 2023
4 Vorträge
Memory of the World
Aufruf zum Flandernboykott
Im Jahr 1358 erklärten sich erstmals Delegierte aus norddeutschen Städten zu „Städten der deutschen Hanse“. In diesem Video spricht Angela über das Dokument, das für den Konflikt mit Flandern in der Mitte des 14. Jahrhunderts steht, der eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der Hanse spielte.
Niemals zuvor war die Hanse derart markant unter diesem Begriff und unter expliziter Führung der Städte nach Außen aufgetreten.
Die Einigkeit der Hansestädte erwies sich als wesentliches Element für den Sieg über die Flamen in diesem Handelskrieg. Als das Getreide immer knapper wurde, vor allem in Brügge, kapitulierten die Flamen und erklärten sich bis zum Sommer 1360 bereit, Frieden zu schließen und akzeptierten fast alle Forderungen der Hanse. Damit war der Boykott beendet.
Der Sieg im Handelskrieg mit Flandern stärkte die Hanse nach innen und ließ sie nach außen hin imposanter erscheinen. Die Hanse, ein bloßer Städtebund, hatte einen Platz am Tisch der nordeuropäischen Großmächte eingenommen.
Memory of the World
Kölner Konföderation
In der Kölner Konföderation vom 19. November 1367 unterzeichneten Ratssendeboten von Hansestädten und niederländischen Städten ein Bündnis zum Krieg gegen den dänischen König Valdemar IV. Die Urkunde verdeutlicht die Fähigkeit der Hanse, sich in akuten Konflikten durchzusetzen, notfalls auch mit militärischen Mitteln. Der anschließende Zweite Dänisch-Hansische Krieg wurde von der deutsch-niederländischen Allianz gewonnen, was zu einem erheblichen Machtzuwachs im Ostseeraum führte.
Dieses Dokument befindet sich im Archiv der Hansestadt Lübeck.
Memory of the World
Privileg König Eduards VI. von England, 1547
Diese reich ausgeschmückte Prachtausgabe eines Privilegs, enthält alle Rechte, die die Kaufleute der Hanse seit der „carta mercatoria“ im Jahr 1303 in England erhalten hatten. Das Privileg wurde ausgestellt von König Edward VI. im Jahr 1547.
Die Urkunde besteht aus fünf Pergamentblättern die durch grün-weiß geflochtene Seidenkordeln zur Befestigung des großen Majestätssiegels (Durchmesser 12 cm) miteinander verbunden sind.
Diese Urkunde ist in unserer Dauerausstellung, im Kabinett London, als Faksimile zu sehen. Die Originalurkunde befindet sich im Archiv der Hansestadt Lübeck.
Memory of the World
Die Hanserezesse
Seit 2023 ist die Hanse im UNESCO-Register »Memory of the World« vertreten. Insgesamt 17 Dokumente und Dokumentengruppen aus elf Archiven und Bibliotheken in sechs nordeuropäischen Ländern sind nun Teil dieses Weltdokumentenerbes.
In diesem Video stellen wir eine ganze Gruppe von Dokumenten vor: die Hanse Rezesse. Dabei handelt es sich um die Protokolle der Ergebnisse und Beschlüsse der sogenannten Hansetage. Bei diesen Versammlungen von Vertretern der Hansestädte, die zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert regelmäßig stattfanden, wurde – zum Teil sehr detailliert – besprochen, wie die Hansestädte gemeinsam handeln und vor allem ihre wirtschaftlichen Interessen verfolgen wollten.
Im Weltdokumentenerbe sind die Rezesse von Köln, Hamburg und Bremen enthalten, die eine riesige Sammlung in zahlreichen Archiven von vielen Hansestädten repräsentieren.
Auch für das Europäische Hansemuseum Lübeck ist das Thema von besonderer Bedeutung: Die Forschungsstelle für die Geschichte der Hanse- und des Ostseeraums (FGHO) beschäftigt sich seit einiger Zeit intensiv mit den Hanserezessen, um die Beziehungen zwischen Regionen, Ländern und Hansestädten und nicht zuletzt die Hanse selbst besser verstehen zu können. Die FGHO ist an einem laufenden internationalen Forschungsprojekt beteiligt, das sich speziell mit den Vertiefungen befasst: »The Flow« untersucht, wie solche riesigen Textmengen digital erschlossen und analysiert werden können.